Schuld sind die anderen
Der da ist schuld, der war‘s! Unsere Wahrnehmung richtet sich nur allzu gerne gegen andere.
Bekannte Beispiele gefällig? Greta Thunberg gegen Regierende, VW-Kunden gegen den VW-Konzern oder Fleischesser gegen Schlachthöfe und Supermärkte und so weiter und so fort.
Ein gemeinsames Merkmal aller, die einer Meinung GEGEN jemand anderen haben ist: sie sind selbst irgendwie involviert, das heißt, sie sind Teil des Systems.
Die Regierenden zum Beispiel sind von uns selbst demokratisch gewählte Volksvertreter, selbst wenn sie nicht unsere Stimme bekommen haben. Das ist Demokratie und alles andere als Demokratie ist schlechter. Daher sind es de facto unsere von UNS gewählten Volksvertreter.
Greta greift gewissermaßen also mich selbst an. Und da ich nicht nur Wähler, sondern auch Konsument von Plastikwaren und Energie bin, ist der Angriff umso heftiger. Obwohl ich eigentlich auf Gretas Seite bin. Wenn ich nun aber ganz doll auf Gretas Seite bin, merkt niemand und vor allem nicht mein Unterbewusstsein, dass ich eigentlich gegen mich selbst bin.
Und wie ist das bzgl. des VW-Konzerns? Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit werde ich irgendwann wieder Kunde des Konzerns sein. Denn trotz des Dieselskandals ist VW Weltmarktführer geworden. Oder vielleicht gerade deshalb?
Und auch Fleischesser können ihr schlechtes Gewissen, dass sie nicht das Fleisch zum Beispiel vom Demeter-Hof kaufen, beruhigen, indem sie erstmal die Schuld an Tiermisshandlung und Ekelfleisch anderen geben. Zum Beispiel wieder den Regierenden. Und solange das Problem nicht gelöst ist, wird vorsorglich so konsumiert, wie immer.
Die anderen sollen regeln, was ich auch selbst regeln könnte, aber eben nicht will.
Und damit der Gewissenskonflikt nicht zu einer handfesten Neurose wird und ernsthafte Symptome erzeugt, gibt es die Projektion. Ein Mechanismus des Unterbewusstseins zur Abwendung unschöner Emotionen und Abwehr von Verantwortung.
Jedem ist klar, so löst man keine Probleme.
Was nun, wenn der Abwehrmechanismus nicht mehr richtig funktioniert? Wenn man quasi weich wird und tatsächlich merkt (es einem also bewusst wird), dass man eine Meinung gegen sich selbst hat?
Dann hilft nur noch Achtsamkeit. Achtsamkeit bezogen auf mein Denken und Handeln.
Was denke ich und was tue ich da?
Will ich mich den anderen Meckerern anschließen und muss in den Spiegel schauen und zu mir selbst sagen: „Bist ja selbst nicht anders!“, oder will ich durch mein Handeln etwas verändern?
Kleine achtsame Schritte zu seinen Zielen, statt Energie und Zeit mit Projektion zu vertrödeln, bringt kleine Erfolge und nur die machen glücklich.
Dr. Christian Aheimer